
Der 14. Dezember 1873 war ein denkwürdiger Tag für Neukirch. Es war der 3. Advent, und an diesem Sonntag wurde die neue Kirchenorgel mit einem großen Fest eingeweiht und in den Dienst der Kirchgemeinde genommen. Früh um sechs bereits eröffnete das Bläserchor die Feierlichkeiten in „allen Theilen der Parochie“, wie das damalige Festprogramm vermerkt. Nach einem umfänglichen Festgottesdienst am Vormittag war am Nachmittage in der (damals mit Kerzen) erleuchteten Kirche ein großes Konzert, in dem der Universitätsmusikdirektor Herr Dr. Langer aus Leipzig die neue Orgel ausführlich zum Erklingen brachte. Sie war schon etwas besonderes, die neue Neukircher Orgel, war sie doch das Erstlingswerk der neugegründeten Orgelbaufirma Hermann Eule in Bautzen. Es war eine mutige Entscheidung der damals Verantwortlichen, den umfangreichen Auftrag an eine bis dato völlig unbekannte Firma zu vergeben. Etwa 2000 Pfeifen hat das Instrument, zum Klingen gebracht über zwei Manuale und das Pedal. Den Wind erzeugt ein gewaltiger Blasebalg auf dem Kirchboden, der damals natürlich durch gnadenloses Muskeltraining des oder der Kalkanten gefüllt werden musste.
Besonders wenn ein Herr Professor mit allen Fingern und beiden Füßen gleichzeitig spielte, war das ein schweißtreibender Job. Der Spieltisch war damals direkt in das Orgelgehäuse eingebaut. Von jeder Taste, von jedem Registerknopf führten feine Leisten und Drähte zu den Ventilen, die den Luftstrom freigaben. Diese „mechanische Traktur“ ist ein Kunstwerk für sich, sehr aufwändig und leider auch störanfällig und pflegeintensiv. So ist es nicht verwunderlich, dass Verbesserungen gesucht und gefunden wurden. In den 20er Jahren hielt die Elektrizität Einzug auch in unserem Dorf. In der Kirche strahlten nun elektrische Kerzen auf den Kronleuchtern, und den Wind für die Orgelpfeifen erzeugte nun mühelos ein elektrisches Gebläse. Diese Maschine aus den 20er Jahren tut übrigens heute noch ihren Dienst – ohne Kugellager! Die umfänglichste Neuerung an der Orgel aber war der Umbau auf elektromagnetische Traktur. Jede Taste, jeder Registerknopf betätigt einen Kontakt. Die Ventile an Registern und Pfeifen werden durch Elektromagnete angesteuert.
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Das System ermöglichte neben dem Wegfall der empfindlichen Mechanik das Herausnehmen des Spieltisches aus dem Orgelgehäuse, so dass der Kantor die Chöre, die er ja zu leiten hat, vor sich und nicht mehr im Rücken hat. Diese Neuerung hat sich hervorragend bewährt. Aber leider ist auch solide Handwerksarbeit nicht für die Ewigkeit tauglich. Jeder Autofahrer weiß, dass die Elektrik auch in modernen Fahrzeugen die Hauptfehlerquelle ist, und das schon nach wenigen Jahren. E-Anlagen in Häusern und Betrieben sind nach 30 Jahren verschlissen. Die feinen Kontakte und Relais in unserer Orgel sind nun über 80 Jahre im Dienst, da ist der Ruhestand längst überfällig. Die Störanfälligkeit hat in der letzten Zeit rapide zugenommen, so dass Notreparaturen keine Lösung mehr sein können. Wir wollen nun die Sache grundlegend angehen und die bisherige Elektrotechnik durch neue, zeitgemäße Lösungen ersetzen. An der Tonerzeugung durch die unterschiedlichen Pfeifen und Register und damit am Klang der Orgel wird nicht gerüttelt.
Wir sehen uns gern in der Pflicht, das Erstlingswerk der mittlerweile weltweit renommierten Orgelbaufirma unserer Heimat sachgemäß und sorgfältig zu erhalten. Viele Kantoren haben in diesen über 140 Jahren die Königin der Instrumente zu Gottes Lob und zur Freude der Gemeinde erklingen lassen. Das soll doch auch in Zukunft so sein, und unsere Nachkommen sollen sich wie wir Herz und Seele durch die Orgelmusik anrühren und erfüllen lassen. In einer beispielhaften Gemeinschaftsaktion hat unsere Gemeinde ein neues Geläut beschafft. Daran haben ganz viele Neukircher immer wieder neu Freude. Die Orgel müssen wir nicht völlig erneuern, und die Reparatur wird auch nicht annähernd so viel kosten. Wir wollen gemeinsam tun, was nötig ist, damit wir und die nächsten Generationen Freude und Segen durch diese Musik haben können.
[Christoph Krause]
"Patient" Orgel
Die Orgel in unserer Kirche geht in ihren Ursprüngen auf das Erstlingswerk der Firma Eule/Bautzen aus dem Jahr 1873 zurück. 1942 erhielt das Instrument einen elektrischen Spieltisch. Die nahezu 2000 Pfeifen im Orgelinneren werden über je ein anhebbares Ventil mit Luft versorgt. Die Bewerkstelligung dieses Vorgangs in den sogenannten Windkästen übernehmen ebenso viele lederne "Minibälgchen", die zumeist auch schon seit 1942 tausende Male ihren Dienst getan haben. Beides, der Spieltisch und die Ansteuerung der Windkästen, ist also schon fast 70 Jahre lang - mit kleineren Instandsetzungen - im Dauergebrauch. Wie jeder über Jahrzehnte benutzte Gegenstand unterliegt auch so ein Instrument einem stetigen Verschleiß und gewissen Veränderungen.
Seit etwa drei Jahren treten in den oben genannten Bereichen in zunehmendem Maße Schäden, teils auch nur zeitweilig vorkommende Ausfallerscheinungen auf. In den zurückliegenden Wochen war davon verstärkt das Pedalspiel betroffen. Was für die Ohren des Zuhörers durch den Spieler bei der Liedbegleitung noch einigermaßen unbemerkt kaschierbar ist, lässt sich beim Vortrag von Orgelstücken kaum mehr "verheimlichen". Da den in der Vergangenheit angestrengten Notreparaturen kein grundlegender und dauerhafter Erfolg beschieden war, macht sich nun eine grundhafte Überholung nötig, um das Instrument weiterhin zuverlässig für Gottesdienste und Konzerte nutzbar zu erhalten.
Das in den 1940er und 1950er Jahren erheblich veränderte und erweiterte Pfeifenwerk und der daraus resultierende Klang sollten ebenfalls eine Überholung im Sinne der materiellen Werterhaltung und einer maßvollen klanglichen Abrundung bzw. Optimierung erfahren. Beachtenswert, da sowohl für die Instrumentensubstanz als auch für die Kirchenbesucher dauerhaft schädlich, ist, dass die Holzteile in der Orgel teilweise einen dünnen Schimmel- und Hylotoxüberzug (durch eine frühere Holzwurmbekämpfung) aufweisen. Hier ist eine Entgiftung nötig.
In Zusammenarbeit mit einem amtlichen Orgelsachverständigen der Sächsischen Landeskirche arbeite ich als angehender Orgelsachverständiger zur Zeit ein Konzept mit allen notwendigen und empfehlenswerten Maßnahmen aus. Nach einer erfolgten Ausschreibung unter Orgelbaufirmen müssen dann im Kirchenvorstand die erforderlichen Arbeiten besprochen und beschlossen werden.
[Amadeus Egermann]
Spendenmöglichkeiten für die Orgelsanierung
In vielfältiger Weise kann das „Orgelprojekt“ Unterstützung finden: Unsere blauen Zeitungscontainer, die neben dem Pfarrbüro stationiert sind, können je nach Füllmenge ganz kontinuierlich etwas Spendenzuwachs erwirtschaften. So werden die abgelegten Zeitschriften nicht nur in klingende Münzen, sondern am Ende in Orgeltöne verwandelt. Eine Leerung der 3 Behälter erbringt ungefähr 20 €.
Außerdem möchten wir auf unser Spendenkonto bei der Kassenverwaltung Bautzen hinweisen:
Kassenverwaltung Bautzen
IBAN DE53 3506 0190 1681 2090 65
BIC GENODED1DKD
Kreditinstitut: KD Bank - LKG Sachsen
Wichtig! Verwendungszeck :
RT 0425 Neukirch/L. - Orgelspende